Brockhaus Definition:

Wolf [ahd. wolf, eigtl. >der Reißende<]

1) Astronomie: Lupus, Abk. Lup, ein an die Sternbilder Skorpion und Kentaur angrenzendes Sternbild des südl. Himmels. Sein hellster Stern hat die visuelle Helligkeit 2m,30.

2) Biologie: Canis lupus, in den unterschiedlichsten Lebensräumen lebendes, früher in ganz Eurasien und Nordamerika verbreitetes Raubtier (Unterfamilie Hunde), das heute durch weitgehende Ausrottung nur noch in Rückzugsgebieten vorkommt (größere Bestände noch in Asien, Alaska, Kanada); etwa 50-100cm schulterhoch, Kopf-Rumpf-Länge 100-160cm; Schwanzlänge 30-50cm; Höchstgewicht bis 80kg; Wölfe leben gesellig, meist in Familienrudeln mit etwa zwölf Tieren, mit ausgeprägter Rangordnung; sie sind Hetzjäger, die v.a. im Winter auch große Beutetiere (bis Elchgröße) zur Strecke bringen; Angriffe auf Menschen sind nicht einwandfrei nachgewiesen. Brunstzeit ist Ende Dez. bis April; i.d.R. pflanzt sich nur das >Alpha-Paar< eines Rudels fort; nach einer Tragzeit von etwa neun Wochen bringt das Weibchen in einem selbstgegrabenen Bau fünf bis sieben Junge zur Welt.

Man unterscheidet zahlreiche Unterarten, darunter den Rot-Wolf (Canis lupus niger), (Zusatz: Es ist jetzt genetisch nachgewiesen das der rote Wolf ein Mischling aus Wolf und Kojote ist. [Danke an Sternenwölfin]) der in küstennahen sumpfigen Prärien von O-Texas und Louisiana lebt und dessen Bestände bedroht sind, die oft schwarz gefärbten Timber-Wölfe (mehrere Unterarten in den nordamerikan. Wäldern) und den Polar-Wolf (Canis lupus tundrarum) mit dichtem, langhaarigem, fast weißem Fell, der im äußersten NW Nordamerikas verbreitet ist. In Europa ist der Eurasische Wolf (Canis lupus lupus) in Restbeständen erhalten. Wölfe werden in freier Wildbahn höchstens zehn, in Menschenobhut bis 20 Jahre alt.
Der Wolf ist die Stammform des Haushundes mit seinen vielen Zuchtrassen. Wolfsfelle kommen heute v.a. aus Sibirien (Oberhaar relativ rau) und aus Kanada (mit bes. langem, weichem Oberhaar) in den Handel; sie werden v.a. zu Mänteln, Jacken und Besätzen verarbeitet.

Kulturgeschichte: Auf den altsteinzeitl. Wandbildern i. d. Höhlen S-Frankreichs sind auch Wölfe zu finden.

In der Mythologie vieler Völker spielt der Wolf eine Rolle: Eine Wölfin säugte die ausgesetzten Zwillinge Romulus und Remus und ermöglichte so die Gründung Roms (® Kapitolinische Wölfin). Bei den Griechen hatten sowohl Zeus als auch Apoll einen Wolf-Aspekt und trugen den Beinamen Lykeios. Bei den Germanen galt der Wolf als Tier des Schlachtfelds und war daher Odin zugeordnet; auf Helmen und Schwertscheiden (nachweisbar durch Prägebleche) wurden oft mit Wolfsfellen vermummte Krieger als seine Begleiter dargestellt. In ihrem Endzeitglauben spielen Wölfe als Dämonen des Untergangs eine große Rolle: Der Fenris-Wolf (® Fenrir) kündet das Nahen des Götteruntergangs (® Ragnarök). Eine den Slawen eigene myth. Gestalt ist der Wolfs-Hirte, der Herr der Wölfe, an dessen Stelle in Russland und bes. in Georgien oft der hl. Georg tritt. Im N.T. (Mt. 7,15) warnt Jesus vor falschen Propheten als Wolf im Schafspelz, und auf der Tafel >Erschaffung der Tiere< des Grabower Altars des Meisters Bertram (um 1380; Bild ®deutsche Kunst), die die Tiere friedlich darstellt, hat sich aber der Wolf in das Lamm verbissen: ein vorausdeutendes Bild auf den Tod Christi. Der mittelalterl. Volksglaube sah den Wolf als Geschöpf böser Dämonen oder des Teufels an. Hexen, Zauberer, selbst der Teufel erschienen in Wolf-Gestalt oder ritten auf Wölfen. Auch Menschen konnten Wolf-Gestalt annehmen und wurden Werwölfe. Auch in vielen Fabeln (z.B. den Äsopischen) kommt der Wolf vor, in der dt. Tierdichtung als Isegrim (u.a. in dem Epos >Ysengrimus<, 1148/49, von Nivardus von Gent). Im Märchen vertritt der Wolf meist das Falsche und Böse (>Der Wolf und die sieben Geißlein<, >Rotkäppchen<, bis hin zu Walt Disneys Comicfigur des Großen bösen Wolfs.).

K. Sälzle: Tier u. Mensch, Gottheit u. Dämon (1965); E. Zimen: Wölfe u. Königspudel. Vergleichende Verhaltensbeobachtungen (1971);
ders.: Der Wolfs Verhalten, Ökologie u. Mythos (Neuausg. 1993); D. Bernard: Wolf u. Mensch (a.d. Frz., 1983)

3) Medizin: Haut-Wolf, 1) Form der ® Hauttuberkulose; 2) das ® Wundsein der Haut.

4) Spinnerei: Maschine zum Öffnen, Reinigen und Mischen in der Streichgarnspinnerei, u.a. der ® Reißwolf 1).

5) Diverse bekannte Persönlichkeiten: mit dem Namen "WOLF".

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